Aufgrund ISO 50003: Neue Schärfe bei ISO-50001-Zertifizierungsaudits

Aufgrund ISO 50003: Neue Schärfe bei ISO-50001-Zertifizierungsaudits

Infografik: Überschneidung der ISO-50001-Anforderungen mit anderen Normen

Spätestens Anfang 2019 soll die revidierte Fassung der DIN EN ISO 50001 „Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung“ in Kraft treten. Dass es die ISO-50001-Zertifizierung schon jetzt nicht mehr ohne Blick auf die verschärften Anforderungen der ISO 50003 gibt, stellen die Energiemanagement-Experten der Rhein S.Q.M. GmbH klar. Und sie erklären, warum die ISO 50001 trotzdem eine Norm ist, die für alle Organisationen einen genaueren Blick wert ist, selbst wenn sie keine formelle Zertifizierung anstreben.

Immer dann, wenn die Revision einer Norm ansteht, gerät sie automatisch stärker in den Fokus der Organisationen. Das erklärt das verstärkte Interesse deutscher Unternehmen an der DIN EN ISO 50001, deren Revision in der Entwurfsversion im September 2017 veröffentlicht wurde, aber nur zum Teil. Rückenwind bekommt die „Energiemanagement-Norm“ nicht zuletzt durch zahlreiche staatliche oder EU-Förderprogramme sowie schlicht dadurch, dass sie die Kosten einer Organisation erheblich senken und damit die Wirtschaftlichkeit steigern kann.

Betriebswirtschaftliche Motivation

„Letzteres ist auch der klare Hauptmotivator, warum sich nicht nur große Konzerne, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen mit einer ISO-50001-Zertifzierung auseinandersetzen.“, berichtet Alfred Rist-Vogt, der bereits seit mehr als zehn Jahren als Netzwerkpartner das Team der Rhein S.Q.M. GmbH verstärkt. Bei der Umsetzung anderer Normen, der ISO 9001 oder der IATF 16949 beispielsweise, komme der Umsetzungsdruck häufig von außen, so der Energiemanagement-Experte: „Wenn ich als Automobilzulieferer bestimmte Zertifikate und Audits nicht vorweisen kann, darf ich nicht im Lieferantenpool verbleiben. So einfach ist das. Und das ist natürlich eine starke Antriebsfeder.“
Bei der ISO 50001 kommt der Antrieb hingegen von innen heraus – und zwar von der Kostenseite: Wem es gelingt, den CO2-Austoß zu reduzieren und seine Energie-Effizienz zu verbessern, senkt damit auch seine Betriebskosten. „Und die Kosten nicht nur im Griff zu haben, sondern permanent zu optimieren, ist für alle Organisationen wichtig. Schließlich besteht immer die Gefahr, dass irgendwo ein Marktteilnehmer mit günstigeren Preisen auftaucht.“, mahnt Rist-Vogt. Das Gute dabei: In den Bereichen Energiebezug, Energieverbrauch, Energienutzung sowie Energieeffizienz schlummern oft riesige Einspar- und Optimierungspotenziale. Rist-Vogt vergleicht das Thema Energiemanagement dabei mit einem Honigtopf: Den müsse man nur aufmachen, und schon tauchten zahlreiche Felder auf, auf denen man jährlich viel Geld einsparen könne.

Förderungen nutzen und Entlastungen geltend machen

Neben den Kosteneinsparungen schlagen bei der Kalkulation eines möglichen Return-on-Investment der ISO-50001-Zertifizierung noch zwei weitere große Faktoren zu Buche. Durch ein ISO 50001 konformes Energiemanagementsystem qualifizieren sich Organisationen für eine Vielzahl staatlicher Fördermöglichkeiten, die teilweise auch speziell auf KMU ausgelegt sind und eigentlich nur ausgeschöpft werden müssen. Und das kann sich auch doppelt lohnen: „In der Praxis schaffen es clevere Instandhaltungsleute, dass überfällige Anlagenmodernisierungen, die energetische Pluspunkte bringen, quasi über die ISO 50001 mitgefördert werden.“, weiß Rist-Vogt. Außerdem fallen gerade bei Unternehmen, deren Produktion einen hohen Energieeinsatz erfordert, die folgenden Entlastungen ordentlich ins Gewicht: Zum einen kann die EEG-Ausgleichsregelung geltend gemacht und dadurch die Höhe der EEG-Umlage reduziert werden und zum anderen können Steuerentlastungen im Bereich Strom- und Energiesteuer beträchtliche Einsparungen mit sich bringen.

ISO-50001-Zertifizierung ist jedoch kein Spaziergang

Die Vorteile sind verlockend und in Deutschland wird im Vergleich zu anderen Ländern die ISO-50001-Zertifizierung überproportional in Anspruch genommen. „Viele der Organisationen, bei denen eine Rezertifizierung ansteht, werden jetzt allerdings auf neue Schwierigkeiten stoßen“, prophezeit Wolfgang Rhein, der als QM-Experte und Geschäftsführer der auf Managementsysteme spezialisierten Organisationsberatung den Blick über den Tellerrand einer einzelnen Norm quasi im Blut hat. Und in diesem Fall, so Rhein, lohne der Blick in die ISO 50003 nicht nur, sondern sei sogar Pflicht. Die DIN ISO 50003:2014 „Energiemanagementsysteme – Anforderungen an Stellen, die Energiemanagementsysteme auditieren und zertifizieren“ ist bereits im November 2016 in der deutschen Fassung erschienen. Da sie allerdings im Titel gezielt Auditoren und Zertifizierungsstellen anspricht, wird sie oft von Organisationen, die nach ISO 50001 zertifiziert sind, nicht weiter beachtet. „Ein Fehler.“, weiß Rhein. „Denn bestimmte Anforderungen, die die neue ISO 50003 enthält, haben mittelbare und unmittelbare Auswirkungen auf die nach ISO 50001 zertifizierten Organisationen.“ Eine wesentliche Änderung gegenüber der bisherigen Regelung, der DAkkS-Regel 71 SD 6 022, bedeutet tatsächlich eine signifikante Verschärfung: Eine kontinuierliche Verbesserung der energiebezogenen Leistung muss sichergestellt und nachgewiesen werden, um eine Zertifizierung nach ISO 50001 zu erlangen oder aufrecht zu erhalten. Rhein spricht dazu Klartext: „Wer im Audit keine Nachweise zur tatsächlichen Verbesserung der energetischen Leistung erbringen kann, kann seine Zertifizierung verlieren – zumindest solange die Auditoren sich an ihre Vorgaben halten.“ Er kenne bereits mehrere Fälle aus 2018, in denen Auditoren keine Empfehlung zur Aufrechterhaltung der ISO-50001-Zertifizierung ausgesprochen haben, weil die zertifizierten Organisationen quasi so weitergemacht haben „wie bisher“. „Bei wem eine Rezertifizierung nach ISO 50001 ins Haus steht oder wer sich neu zertifizieren lassen möchte, sollte sich zeitnah mit den Anforderungen und Änderungen, die die ISO 50003:2014 mit sich gebracht hat, vertraut machen und diese vor allem umzusetzen.“, rät Rhein.

Rosinenpicken erlaubt!

Klar ist: Immer dann, wenn eine Organisation die EEG-Umlage reduzieren oder Strom- und Energiesteuer zurückfordern möchte, geht das nicht ohne das offizielle ISO-50001-Zertfikat als Nachweis. Aber auch für alle, die nicht zu den besonders energieintensiven Unternehmen gehören und nach internen Kosten-Nutzen-Erwägungen keine Zertifizierung anstreben, lohnt die Auseinandersetzung mit der Norm. „Die ISO 50001 ist ein Hilfsmittel und Katalysator, um unter dem Blickwinkel Energie die Kosten des Unternehmens zu reduzieren.“, bringt es Energiemanagement-Experte Rist-Vogt auf den Punkt und rät: „KMU benötigen zwar oft keine formelle Zertifizierung, sollten sich aber auf jeden Fall die Rosinen rauspicken, sprich sinnvolle Elemente aus der ISO 50001 sofort in Angriff nehmen.“ Zu den wertvollen Ansätzen gehören beispielsweise die Optimierung der Energiebeschaffung oder die Einführung eines standardisierten Regelkreises, der zu Energieeinsparungen führt.

Herangehensweise an ein ISO-50001-Projekt

Hierbei kann ein externer Partner helfen, der mit den Anforderungen der ISO 50001, insbesondere auch den Erweiterungen in der revidierten Fassung, vertraut ist. Idealerweise startet man, so Rist-Vogt, mit einer Analyse des Status Quo und einer Potenzialanalyse, in die alle energetisch bezogenen Leistungen des definierten Geltungsbereichs einfließen. Damit schafft man Transparenz über die energierelevanten Geschäftsbereiche und -prozesse, beispielsweise in Form von Energieflussdiagrammen, und kann anschließend eine systematische Chancen- und Risikenermittlung vornehmen. Denn der risikobasierte Ansatz – die ISO 9001, ISO 14001 und die IATF 16949 lassen grüßen – wird mit der Revision auch Einzug in die ISO 50001 halten. „Risiken für Betriebsunterbrechungen und somit auch Risiken finanzieller Art können durchaus auch aus dem Energiebereich kommen.“, erläutert Rist-Vogt. „Denken Sie nur an teilweise bestehende Abhängigkeiten von einzelnen Strom- oder Gaszuleitungen auf das Betriebsgelände. Risikoszenarien werden da schnell greifbar, wenn man sich in diesen Fällen Tiefbauarbeiten und große Bagger auf dem Nachbargelände vorstellt.“
Erst im nächsten Step wird dann eine sinnvolle weitere Vorgehensweise festgelegt, und verbindliche Maßnahmenpläne werden erstellt. Dies beinhaltet in der Regel die Einführung eines Energiemanagementsystems (EnMS) beziehungsweise die Erweiterung des bestehenden Managementsystems. „Denn für das Energiemanagement sollte man nie ein paralleles System aufsetzen.“, weist Rist-Vogt auf einen Fehler hin, der in der Praxis häufig dann zutage tritt, wenn keine integrierte Managementbetrachtung erfolgt. „Es geht bei der ISO 50001 niemals darum, für sich genommen ein Einzelsystem optimal hinzukriegen. Der Gesamtblickwinkel auf das Unternehmen darf nicht außer Acht gelassen werden.“

Große Schnittmenge: ISO 9001, ISO 14001 und ISO 50001

Wer übrigens bereits nach ISO 9001 zertifiziert ist, wird – ebenso wie diejenigen, die schon ein ISO-50001:2011-Zertifikat haben und sich nun rezertifizieren lassen möchten – keine großen Schwierigkeiten mit der Herangehensweise und den Anforderungen der neuen ISO 50001 haben. Es lässt sich, so die Erfahrung der Rhein S.Q.M. GmbH, mit ergänzenden Analysen hervorragend auf einer solchen Basis aufbauen. Große Vorteile bringt auch eine bestehende ISO-14001-Zertizierung mit sich, da es dort viele vergleichbare Elemente gibt, die auch in der neuen ISO 50001 wichtig sind. „Bei der 14001 misst man die Umweltleistung mittels durch Umweltkennzahlen bezogen auf produzierte Produkte. Da die ISO 50001 speziell nur auf die energetische Leistung des Unternehmens bezogen ist, ist es im Prinzip ganz einfach.“, so Rist-Vogt. „Man nimmt seine ISO 14001 und schaut nun mit einer Lupe explizit auf den Ausschnitt Energieverbräuche. Man fokussiert und spezialisiert also nur auf Wärme, Strom, Öl und Gas.“

Kosten einer Zertifizierung nach DIN EN ISO 50001

Welcher Aufwand aber am Ende tatsächlich hinter der Vorbereitung auf die Zertifizierungsaudits steckt, lässt sich pauschal nicht beziffern. Die Kosten sind in jedem Fall abhängig von der Größe der Organisation sowie der Größe des zu untersuchenden Geltungsbereichs. Außerdem spielt im Hinblick auf die externen Kosten das Eigenengagement des Unternehmens eine große Rolle. Es gilt also auch festzulegen, in welchem Umfang interne Ressourcen und Fach-Know-how eingebracht werden und zu welchem Teil das ISO-50001-Projekt in fremde Hand geben wird. „Ich empfehle unseren Kunden immer, zunächst mit drei bis fünf Tagen für eine Analyse des Status Quo zu rechnen. Erst nach dieser Phase kann man auch einigermaßen solide über Kosten sprechen, also beispielsweise auch unseren externen Dienstleistungsaufwand abschätzen und beziffern.“, ergänzt Wolfgang Rhein.

Die Organisationsberatung Rhein S.Q.M. wurde 2004 in Ludwigshafen gegründet und 2013 in eine GmbH umgewandelt. Der Schwerpunkt liegt bis heute im Bereich des Qualitätsmanagements für die Automobilindustrie sowie die Luft- und Raumfahrtbranche, auch wenn das Team rund um Gründer und Geschäftsführer Wolfgang Rhein zwischenzeitlich international in über 40 Branchen mit einer Abdeckung von mehr als 50 Regelwerken und Standards tätig ist. Die Leistungen in der Qualitätsmanagement-Beratung sowie im integrierten Management erstrecken sich dabei auch auf angrenzende Bereiche wie Umweltmanagement, Energiemanagement, Arbeitsschutzmanagement, Hygienemanagement sowie die Integration branchenspezifischer Standards. Neben der Beratung und operativen Unterstützung beim Aufbau und der Zertifizierung von Managementsystemen werden über die eigene Qualitätsakademie Seminare, Trainings und Workshops angeboten. Die Rhein S.Q.M. GmbH begleitet Organisationen außerdem dabei, die Einhaltung von Kunden- und Branchenforderungen in der gesamten Lieferkette sicherzustellen. Mehr Informationen zum Unternehmen sowie seinen Dienstleistungen im Internet unter www.qm-projects.de

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