Eric Mozanowski: Denkmalschutz in Deutschland

Eric Mozanowski, ehemaliger Vorstand der ESTAVIS AG, führte in Berlin / Leipzig sowie Stuttgart im Rahmen von Seminarveranstaltungen die Vertragsreihe zum Themengebiet Denkmalschutz in Deutschland fort. Aus den Kreisen der Teilnehmer kam der Wunsch, wichtige Wissensmodule auch im Internet zu veröffentlichen. Dies ist Teil 2, welcher sich mit dem bedeutenden Personen befasst, die in der Denkmalpflege ihre historischen Spuren hinterlassen haben.

Schinkel: Gedanken zur Denkmalpflege

1819 reiste Karl Friedrich Schinkel im Auftrag des Staatskanzlers Karl August von Hardenberg, der das Hardenbergfenster für den Sommerremter stiftete, zur Marienburg, die Schinkel selbst ein „höchst originelles Monument altdeutscher Baukunst“ nannte. Betrug seiner selbst war nicht dabei, als bei seiner Besichtigung des Bauplatzes zeigte sich Schinkel unter anderem „von der allgemeinen Freude und dem Interesse überzeugt, welche das Volk an dem Kunstwerke hat. Ein stetes Wallfahren von Fremden aus der Umgegend findet nach dem Schlosse statt; Leute aus allen Ständen erbauen sich in den bereits prangenden Sälen […] Es wird die sorgfältige Herstellung des Schlosses einen bedeutenden Einfluß auf den Kunstsinn in diesem Lande haben.“

Die Erhaltung von Baudenkmalen lag somit für Schinkel vor allem im öffentlichen Interesse, auch dann, wenn deren Ausführung nicht dem zeitgenössischen Geschmack entsprach und die Realisierung große Summen betrug. So protestierte er beispielsweise gegen die Entfernung von als unpassend empfundenen Barockfiguren am Berliner Stadtschloss: „Unmöglich kann es in einer Hauptstadt Prinzip werden, ausgezeichnete öffentliche Gebäude auf diese Weise zu zerstören; wir würden auf diesem Wege bald dahin kommen, auch das Zeughaus und alle übrigen Gebäude des Schmuckes beraubt zu sehen, der an eine schöne Vorzeit erinnert und das wahre Interesse bei der Architektur einer Stadt gewährt.“

Jenseits von Geschmacksfragen war Öffentlichkeit für Schinkel identisch mit dem Staat. Nach seiner Ansicht lag es somit in der Verantwortung des Staates, für eine kontinuierliche Pflege wichtiger Denkmale zu sorgen, anderenfalls sei dies Betrug am Volke. In einem Gutachten von 1832 scheint ihm die Instandsetzung historischer Gebäude „[…] ein Gegenstand des allgemeinen Interesses und ein Gegenstand der Ehre des Staates, weil sich darin die beste Bildung unserer Zeit aussprechen kann. […] und eben dadurch werden diese Gegenstände auch eine Förderung der allgemeinen Verbreitung dieser Bildungsstufe im ganzen Land.“ Kosten und Termine seien dabei von nachrangiger Bedeutung, weil es „auf die Zeit der Beendigung sehr wenig, auf die Vollkommenheit und auf die Vollendung des Werkes an sich aber ganz allein ankomme und selbst das in diesem Geiste Halbvollendete der Nachwelt unendlich schätzenswerter sei als ein beendigtes Mittelmäßiges“.

Die Bezugnahme auf das öffentliche Interesse brachte es mit sich, dass Schinkel auch die Stadt als Objekt der Denkmalpflege betrachtete. Zur Treppe der Berliner Hedwigskirche schrieb er beispielsweise 1819: „Bei Betrachtung der Städte, ihrer Anlagen und Formen bleibt ein großes Hauptinteresse: die historische Übersicht ihrer Entstehung und ihres Fortganges, welches sich in den Monumenten und Bauwerken, die aus den verschiedenen Epochen übriggeblieben sind, durch unmittelbare Anschauungen ergibt […]. Selbst das Fehlerhafte, wenn es aus dem Geschmack der Zeit hervorgegangen ist, wird in der historischen Reihe ein interessantes Glied sein und, an seinem Platze, manchen Wink und Aufschluss geben.“

Überdies erkannte Schinkel die Notwendigkeit einer eigenen Schutzbehörde, die als „Anwalt“ der Denkmale fungieren sollte um Betrug zu vermeiden. Bereits 1815 legte er der preußischen Regierung ein wegweisendes Memorandum über die Notwendigkeit, die Ziele und die Struktur einer sachgerechten staatlichen Denkmalpflege vor.

Schinkels Gedanken zur Denkmalpflege hatten jedoch nur geringe Wirkungen auf die unmittelbare Verwaltungs- und Baupraxis in Berlin, München, Stuttgart und anderen Städten. Seine Texte verblieben in den Akten der Behörden und wanderten ins Archiv. Selbst das Memorandum bewirkte zunächst nicht mehr als eine königliche Kabinettsorder (14.10.1815), nach der „bei jeder wesentlichen Veränderung an öffentlichen Gebäuden oder Denkmalen diejenige Staatsbehörde, welche sie vorzunehmen beabsichtigt, zuvor mit der Oberbaudeputation kommunizieren und, wenn diese nicht einwilligt, an den Staatskanzler Fürsten von Hardenberg zur Einholung Meines Befehls, ob die Veränderung vorzunehmen, berichten soll“. Besonders erfolgreich scheint diese Anordnung nicht gewesen zu sein, denn im März 1824 wurde sie ausdrücklich erneuert: „Es sind kürzlich wieder Fälle vorgekommen, dass Gebäude, welche als Denkmäler der Vorzeit einen historischen Wert haben, teils beschädigt, teils zu Zwecken verwendet werden, durch welche sie ihren ganzen Charakter und früheren Wert verlieren und zum Teil vernichtet werden. Es wird daher Veranlassung genommen, […] die Allerhöchste Kabinettsordre vom 4. Oktober 1815 wieder in Erinnerung zu bringen.“ Herr Eric Mozanowski erläuterte hier ebenfalls weitere Zitate.

Ferdinand von Quast

Ein größeres Gewicht erhielt der Denkmalschutz im Jahre 1843, als König Friedrich Wilhelm IV. den Schinkelschüler Ferdinand von Quast zum ersten „Konservator der Denkmäler“ in Preußen ernannte, noch bevor in Stuttgart und anderen deutschen Städten ähnliches geschah. Zu Quasts Aufgaben gehörte es, zwecks Begutachtung zu den Denkmalen zu reisen und Berichte, Baupläne und Zeichnungen zu den Objekten zu erstellen. Für die Dokumentation entwickelte er einen Fragebogen zur Erfassung der Denkmale in Preußen, der in seinen Grundzügen noch heute verwendet wird. Mit seiner Tätigkeit hat Quast die Grundlagen für die Inventarisierung von Bau- und Kunstdenkmalen gelegt. Ziel war es, eine Zusammenschau aller Denkmale eines Ortes zu erstellen. Das ehrgeizige Unterfangen ist in den meisten Städten aus praktischen Gründen gescheitert. Quast erhielt keinerlei Sachmittel und musste die Tätigkeit überwiegend allein verrichten. So war es nicht zuletzt seinem Enthusiasmus und den Einnahmen aus seinem Gutsbetrieb zu verdanken, dass er diesem Amt bis zu seinem Tode treu blieb. Bemerkenswert an seinen Instruktionen war die Forderung, bei der Denkmalpflege über das Mittelalter hinauszugehen und auch nachmittelalterliche Spuren an und in Bauten zu sichern: „Wir wollen die Jahrhunderte, welche uns von den alten Monumenten trennen, an deren nachgelassenen Spuren erkennen“, schrieb er 1859/60. Aus diesem Grund plädierte er für Zurückhaltung bei der Rekonstruktion. Nach Möglichkeit sollte dem Denkmal nichts hinzugefügt werden. Viele seiner Zeitgenossen sahen das jedoch anders.

V.i.S.d.P.:
Eric Mozanowski
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Eric Mozanowski, ehemaliger Vorstand der ESTAVIS AG, führte in Berlin / Leipzig sowie Stuttgart im Rahmen von Seminarveranstaltungen die Vortragsreihe zum Themengebiet Denkmalschutz in Deutschland fort. Aus den Kreisen der Teilnehmer kam der Wunsch, wichtige Wissensmodule auch im Internet zu veröffentlichen. Weitere Informationen unter: www.estavis.de

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