Maina Miriam Munsky: „Die Angst wegmalen“

Bonner Frauenmuseum eröffnet erste Parallelausstellung zu SINGLE MOMS

Maina Miriam Munsky: "Die Angst wegmalen"

Maina Miriam Munsky. Sonde, 1974, Acryl auf Nessel, 150 x 180 cm.

Im Rahmen der Ausstellung „Single Moms“, in der das Leben von Alleinerziehenden in Geschichte, Kunst und Gegenwart thematisiert wird, präsentiert das Frauenmuseum vom 11.05. – 29.06.2014 Arbeiten der Berliner Künstlerin Maina Miriam Munsky aus den Jahren 1967 bis 1991. Das Gros der Werke fokussiert den Beginn des Lebens, die Geburt.

Munsky, 1943 in Wolfenbüttel geboren und 1999 in Berlin gestorben, gehörte zu den neuen Westberliner Realisten der 70er Jahre, die der Gesellschaft gegenüber eine deutlich kritische Haltung einnahmen und sich auf Vorbilder wie Hannah Höch, George Grosz oder John Heartfield, das Prinzip Collage und Dada bezogen.
Der Schwerpunkt der Ausstellung liegt auf den 70er und 80er Jahren, in denen Munsky den für sie typischen, an der Neuen Sachlichkeit geschulten hyperrealistischen Malstil perfektionierte. 1970 verschaffte sich die Künstlerin Zugang zu den Kreiß- und Operationssälen einer West-Berliner Klinik und malte nach dort aufgenommenen Fotografien gynäkologische Untersuchungen, Geburtsvorgänge und Operationen. Ihre Gemälde mit knappen, nüchternen Titeln wie „Kabine“, „Sonde“ oder „Eingriff“ spiegeln die funktionale, sterile Atmosphäre in Krankenhäusern. Ihre Farbpalette ist auf wenige kühle Töne reduziert; die Lichtquelle ist häufig nur das Kaltlicht der OP-Lampen. Munsky selbst dazu: „Ich male Eingriffe in das Leben der Frau, des Kindes. Ich male Operationen, Geburt und den Tod, Grenzsituationen des Menschen, seiner Hilflosigkeit, seines Ausgeliefertseins. Ich male meine Bilder so objektiv, so wahrheitsgemäß, wie es mir möglich ist.“
Munskys Werk ist wegen ihrer Sujets und Malweise seit jeher umstritten gewesen. Dies hängt zum einen sicher mit ihrer strengen, formalen Herangehensweise an emotionale Themen zusammen, zum anderen aber auch mit der Tabuisierung des Themas Geburt in der Bildenden Kunst. „Es wäre kulturgeschichtlich zweifellos interessant, der Frage nachzugehen, wieweit und warum Darstellungen von Fruchtbarkeitsriten, Geschlechtssymbolen, Begattungsakten und Erotomanien jahrtausendelang, je nach Kulturkreis mehr oder weniger offenherzig, ohne Hemmungen akzeptiert wurden. Nur der Akt des Gebärens blieb, angesehen vielleicht als zu intim und verletzlich einerseits, als zu nackt und brutal andererseits, ausgespart. Ihn zum Thema zu wählen, bedeutete nicht nur in gewisser Weise Mut nach außen, sondern griff viel tiefer ein in eine Dunkelzone von Schonung und Verschleierung, Geheimnis und Mysterium.“ (Lucie Schauer) Munsky wagte aus einer weiblichen Perspektive heraus, den Akt der Geburt, der für Männer gewaltsam und furchteinflößend war und ist, künstlerisch zu enttabuisieren.
Die Ausstellung wurde durch eine Projektfinanzierung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) ermöglicht und in Zusammenarbeit mit Marianne Pitzen, Jan Schüler und der Galerie Poll (Berlin) realisiert.

Vernissage: 11.5., 12 Uhr, Begrüßung Marianne Pitzen, Vortrag Jan Schüler
Führungen: jeden Sonntag um 13 Uhr und auf Anfrage

Weitere Parallelausstellungen:
13.07. – 07.09.2014 Annegret Soltau: „Einheit und Trennung- Familienbilder“
21.09. – 09.11.2014 Portraits Überlebender von Anfal und die von Frauen initiierte Gedenkstätte

Bildrechte: Galerie Poll Berlin Bildquelle:Galerie Poll Berlin

Das Bonner Frauenmuseum wurde 1981 von der heutigen Direktorin Marianne Pitzen und einer Gruppe interdisziplinär arbeitender Frauen gegründet. Zu diesem Zeitpunkt existierte weltweit noch keine Institution gleichen Namens oder vergleichbarer Zielsetzung. Das Frauenmuseum ist kein statischer Ort mit festem Bestand, sondern ein lebendiges Haus, das sich aus der Fülle der weiblichen Kreativität und Vielfalt immer wieder erneuert.
Mehr als 2.500 nationale und internationale Künstlerinnen haben Im Krausfeld ausgestellt, 600 Ausstellungen wurden durchgeführt, darunter 30 „Riesenprojekte“ auf jeweils 2.000 qm, 200 Kataloge ediert und mit mehr als 1000 Veranstaltungen wissenschaftlich oder spartenübergreifend untermauert. In den Archiven wird zu Geschichte, Zeitgeschichte und Kunst gesammelt, allein die Bibliothek der Künstlerinnen umfasst 12.000 Kataloge. Die Sammlung wächst stetig; sie ist ausschließlich auf Schenkungen angewiesen: Nachlässe, Stiftungen, Sponsoren.
Marianne Pitzen und ihr Team sind auch neue Wege gegangen – das Kinderatelier, die Kunst- und Designmessen – sind Projekte, die in den letzten 10 Jahren entstanden sind. Der Aufbau des historischen Bereichs ist in den letzten Jahren stärker in den Focus gerückt. Das Frauenmuseum verbindet auf einzigartige Art und Weise Geschichte mit Gegenwartskunst.

Kommende Ausstellungen:

13.07. – 07.09.2014 Annegret Soltau: „Einheit und Trennung- Familienbilder“

21.09. – 09.11.2014 Portraits Überlebender von Anfal und die von Frauen initiierte Gedenkstätte

21.11. – 23.11. 2014 24. Kunstmesse 2014, 80 Künstlerinnen, Sonderausstellung, Programm

30.11. – 30.01.2015 Theobald Simon Preis der GEDOK, Bundesweite Ausschreibung, Ausstellung der Preisträgerin. c/o Prof. Ulrike Rosenbach/Präsidentin der GEDOK

14.12. – 08.03.2015 „Die Blaue Reiterin und ihr Freundeskreis“. Ein Projekt des Gabriele Münter Preis e.V.

Frauenmuseum
Dr. Klaudia Nebelin
Im Krausfeld
53111 Bonn
0228 92 89 45 27
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http://www.frauenmuseum.de