Was ist an Südwestfalen echt? Und was ist anderswo falsch?

Südwestfalen hat noch keinerlei Identifikationspotenzial: Frank Hüttemann, Geschäftsführer von psv marketing, sieht die Positionierung Südwestfalens kritisch.

Kritik ist immer leicht. Im Nachgang sowieso. Auf mühsam erarbeitete Kampagnen, Marketing- und Markenstrategien einzuschlagen, von fehlender Expertise und verbranntem Geld zu reden, das fällt uns Marketingexperten leicht. Wir hätten das ja sowieso alles viel besser und ganz anders gemacht. Und ich mache auch keinen Hehl daraus, dass es mich ärgert, bei „Alles Echt!“ nicht gefragt worden zu sein. Umso schwerer fällt mir die Kritik an dieser Regionalkampagne – der Berater in mir, der den ganzen Tag mit, an und für Marken arbeitet, sträubt sich einerseits, die mühsame Arbeit an der Positionierung Südwestfalens anzugreifen. Aus Fairness. Und will andererseits aufzeigen, dass eine Aussage wie „Alles echt!“ für unsere Region nicht falscher sein kann. Und dass die Erarbeitung dieser Aussage erst recht nicht die richtige Art ist, eine Marke zu positionieren. Man muss anerkennen, dass es zu einer der schwierigsten Aufgaben des Marketings gehört, aus einer geographischen Gegebenheit eine Marke zu machen!

Das ist nicht vergleichbar mit der klassischen Markenbildung, denn die Region als solche ist ja nicht greifbar. Sie ist kein Unternehmen oder Produkt, das einheitlich und gemeinschaftlich für etwas steht und es vertritt. Man kann eine Region nicht beliebig optimieren und anpassen. Ein Unternehmen kann dahin gehend optimiert werden, dass es einen bleibenden Eindruck vermittelt, als Kollektiv, in all seinen Maßnahmen, über Führung, Produkte, Service, Vertrieb und Kommunikation. Aber eine Region? Das sind erstmal ganz unterschiedliche Interessen und Standpunkte, das sind vielfältigste Kontaktpunkte und das sind vor allem keine einheitlichen, sondern ganz unterschiedliche Erlebnisse. Das Ganze wird noch schwieriger, wenn es sich bei der Region um ein Konstrukt, eine Idee handelt. Ich bin Siegener – zugegeben nur zugezogen, aber dennoch aus ganzem Herzen. Aber ich kann mich nur schwer mit Südwestfalen identifizieren. Ich wüsste es nicht mal einzugrenzen, ohne das Internet zu bemühen. Und selbst wenn ich es wüsste: Mein Mittelpunkt ist lokal, also da, wo ich mich niedergelassen habe, da, wo ich stehe.

Südwestfalen hat für mich noch keinerlei Identifikationspotenzial, Südwestfalen ist kein Punkt und erst recht keine Klammer, die mich als Siegener an das Sauerland oder an Soest bindet. Das wäre in etwa so, als würde der Kölner sich in Köln als Rheinländer bezeichnen. Das würde er in Köln nie tun! Das würde er höchstens dann machen, wenn er irgendwo hinkommt, wo man mit Köln nichts anzufangen weiß. Oder wenn er sich mit einem Düsseldorfer solidarisieren müsste – was selten vorkommt. Aber auch wenn er sich dem Rheinland zuordnet, so ist der Kölner doch eher stolzer Kölner als stolzer Rheinländer. Sein Mittelpunkt ist seine Stadt, nicht seine Region. Mir geht es als Siegener aber wie vielen anderen auch: Wir haben schon Schwierigkeiten genug, uns mit dieser Stadt zu identifizieren, die irgendwie keine sein will. Sie bietet zu wenig Potenzial. Wie soll ich mich dann mit einer Region identifizieren, die ja noch nicht mal wirklich existiert, sondern erstmal nur eine Vermarktungsidee gegen den demographischen Wandel ist? Was ist daran echt?

Aus Vermarktungssicht ist „Alles echt!“ nicht schlecht. Aber auch nicht gut. Es ist ein Hygienefaktor! Ein qualitativer Standard, den jede Marke, jede Unternehmung, jede Organisation erfüllen muss. Marken müssen echt sein, um zu wirken. Niemand will mit falschen Versprechen angelockt werden und dann die Erfahrung machen müssen, dass die Versprechen nicht echt waren. Das ist allen guten Marken gemein, die Echtheit. Aber das macht sie nicht besonders, sondern erstmal nur echt. Insofern ist der „Claim“ – also der Anspruch, in einer Sache ganz besonders gut zu sein – nicht falsch. Er taugt meiner Meinung nach nur nicht zur Differenzierung. Er ist nichts Besonderes, bietet keine Unterschiede. Er ist nicht stark genug, um eine Idee lebendig zu machen. Ich verstehe, dass es nicht so einfach ist, eine Gemeinsamkeit zwischen Siegerländern und Sauerländern zu finden. Ich verstehe auch, dass es naheliegend ist, die Bodenständigkeit und Ehrlichkeit der Menschen unserer Regionen auf den Punkt zu bringen. Aber sind die Ost-Westfalen, die Thüringer, die Baden-Württemberger nicht mindestens genauso echt? Wo ist da der Unterschied? Was machen wir darüber hinaus anders? Was macht uns besonders? Mit Handschlag werden auch in Bayern Geschäfte gemacht, das kann es also nicht sein.

Meiner Meinung nach ist „Alles echt!“ das Ergebnis einer falschen Herangehensweise. Eine Herangehensweise, auf die wir in der Praxis immer wieder stoßen: Marketing ausschließlich aus der inneren Sicht zu betreiben führt zu solchen Ergebnissen! Viele Unternehmen vermeiden es, mal die Kunden und Lieferanten ins Boot zu holen, wenn es darum geht herauszufinden, wofür man eigentlich steht. Und ich will da noch mal differenzieren: Ich meine damit nicht, Kunden zu fragen, was sie wollen! Das wissen die meisten Kunden gar nicht. Nein, ich meine wirklich die Frage: „Was macht uns in deinen Augen besonders? Was glaubst du, wofür wir stehen?“ Das Marketing für Südwestfalen wirkt auf mich so, als habe man sich ausschließlich mit der inneren Sicht befasst, mit der Frage: „Was glauben wir, was uns besonders macht?“ Aber wo sind da die Menschen gefragt, die zu uns kommen sollen? Gerade Regionalmarketing ist doch auf den emphatischen Blick, auf die Sicht von außen angewiesen!

Eine Regionalmarke, das sind für mich die Geschichten, die Erlebnisse, die Erfahrungen, die ich aus einer Region mitnehme. Nicht das, was die Ansässigen glauben, was gut und wirksam und toll sein könnte, sondern das, was ich erzähle, wenn ich wieder in meiner eigenen Heimat bin. Das, was mich begeistert hat. Jede Regionalmarke – ob für eine Stadt, eine Region oder ein Land – funktioniert so, und die Marken, die nachträglich aufgebaut wurden, setzen genau auf diese Erkenntnis. In Köln sind es der Dom, das Kölsch, der Karneval, der Rhein – Touristenmagneten. In Berlin ist es die kreative Kultur, in Hamburg der Hafen, in Frankfurt die Banken, in Düsseldorf die Kö als Klammer für alle Klischees. Südtirol hat unlängst eine Positionierung mit einer renommierten Agentur durchgeführt – die Marke ist nicht die Südtiroler Landschaft, die ist in den Alpen überall gleich. Die Kommunalpolitiker hätten das zwar insbesondere mit Blick auf die Touristikumsätze gern gesehen, Werbung für die Landschaft – aber glauben Sie, dass das Alpenpanorama zur Markenbildung für Südtirol taugt, wenn ich es links und rechts davon auch haben kann? Nein, die Marke Südtirol, das sind die Lebensmittel, der Südtiroler Schinken, die Südtiroler Äpfel!

Südtirol ist ein Genuss, das ist der Markenkern! Das ist das, was die Besucher Südtirols auch dann kaufen, wenn sie mal ein Jahr nicht dorthin fahren. Weil sie glauben, dass es auch zuhause nach dem letzten Urlaub schmeckt! Achten Sie mal darauf, wenn Sie demnächst wieder einkaufen gehen – auf die etwas überteuerten Produkte mit dem Aufkleber! Und dann ist da ja noch Baden-Württemberg. Das Paradebeispiel für Regionalmarken! „Wir können alles. Außer Hochdeutsch.“ – das hat einem Großteil der Baden-Württemberger tatsächlich nicht gefallen. Anfangs. Aber wenn man mal Besucher des Landes fragt, stellt man fest, dass die sich vor allem an den Dialekt und die Geschäftstüchtigkeit erinnern. Also bezieht sich der Claim auf das, was man aus Baden-Württemberg an prägnanten Eindrücken mitnimmt: dass Menschen mit einem markanten
Dialekt der Innovationsmotor des ganzen Landes sind. Und der Claim ist insofern doppelt gut, weil er mich nicht nur als Mensch, sondern auch als Geschäftsmann anspricht- ich bin die Zielgruppe. Kompetenz und Bodenständigkeit, das nehme ich aus Baden-Württemberg mit, daran erinnere ich mich gern! Und dann wir: wie schwach ist dagegen „Alles echt“? An was soll sich der Besucher erinnern? Wie kann und will man sich mit so einer leeren, kaum identitätsstiftenden Aussage bundesweit positionieren? Und vor allem: als was?

Vielleicht hat man sich nicht getraut, draußen zu fragen und zu hören, wofür unsere Region steht. Vielleicht hatte man Angst Dinge zu hören, die man nicht hören will. Aber wenn ich auf Reisen bin und mit Fremden über unsere Region spreche, dann höre ich entweder nichts. Oder ich höre viel Gutes. Natürlich über unsere Natur und über unser Bier. Natur und Bier, das können andere jedoch auch. Aber was ich darüber hinaus höre ist: Ihr könnt Metall, ihr könnt Maschinen, ihr könnt Innovationen, ihr seid gute Arbeiter, ihr seid der Mittelstand, ihr seid wichtig für unsere Industrie – ihr zeigt es nur nicht! Und dann frage ich mich, warum man – auch mit Blick auf den demographischen Wandel und den bereits vorhandenen Fachkräftemangel – nicht genau da angesetzt hat? Bei unseren tatsächlich wichtigen Stärken. Unseren versteckten Markentreibern, die sich anscheinend nur hier verstecken und sonst weltweit bekannt sind. Ja, ich meine unsere Mubeas, unsere Kirchhoffs, unsere Ejots, unsere SMS. Die Marken, die uns zur Marke machen könnten! Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Menschen sollen hier gerne und zu Recht Urlaub machen, da wo alles echt ist! Aber mir ist es wichtiger, dass sie hierherkommen, um mit uns gemeinsam an Innovationen zu arbeiten. Innovationen, die auf der ganzen Welt gebraucht werden. Das ist unsere Stärke. Das ist unser Claim.

Mehr echte Informationen unter: http://www.psv-marketing.de/?c=,1&t=&y=,

Andere machen Werbung.
Wir machen: „Das muss ich haben!“

psv marketing

Wir bieten strategische und praktische Markenführung und Markenoptimierung für mittelständische Unternehmen und soziale Einrichtungen. B2B oder B2C, wir machen Marken stark.

Für uns heißt das, dass wir unsere Kunden ganzheitlich als Marke betrachten, den Markenkern und die Berührungspunkte in der Wertschöpfungskette analysieren und gemeinsam klare Ziele formulieren. Und erst dann entscheiden, welche Mittel die Marke zum Erfolg führen – Werbung oder Workshop, Film, PR oder Online-Marketing.

Agenturstandorte sind in Siegen und Köln. Kunden werden ganzheitlich als Marke betrachtet und analysiert. psv marketing verfügt in den Bereichen Public Relations, Werbung, Online-Marketing und Film über eigene leistungsstarke Unternehmens-Units.

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