Bin ich ein Hochstapler?

Woher weiß man: Bin ich ein Hochstapler? Eigentlich haben viele Menschen oft das Gefühl, nicht gut genug zu sein, sie zweifeln die eigenen Fähigkeiten an. Auch geniale Menschen machen dabei keine Ausnahme. So sollen Aufzeichnungen und Zitate von John Steinbeck, Agatha Christie oder auch Albert Einstein existieren, die genau das beschreiben. Die hochbegabte Schauspielerin Jodie Foster soll 1988 aus diesem Grund ihren Oscar zurückgeben haben wollen. Und die ebenso hochbegabte, wie talentierte Emma Watson wird 2013 im Gespräch mit dem Rookie Magazine wie folgt zitiert: „Es ist, als ob mein Gefühl der Unzulänglichkeit zunimmt, je besser ich es mache. Ich denke, dass jeden Moment jemand herausfinden wird, dass ich ein totaler Betrüger bin und nichts von dem verdiene, was ich erreicht habe.“ Geht es Ihnen ähnlich und fragen Sie sich: Bin ich ein Hochstapler?

Ein Phänomen der Hochbegabung?
Tatsächlich existiert vor allem bei spät erkannten Hochbegabten das psychologisch anerkannte Phänomen, jahrelang unter dem Gefühl zu leiden, nicht wirklich klug oder talentiert zu sein. Die Bereiche, in denen sich die Person dann unzulänglich fühlt, können dabei, genauso wie der Umgang mit der eigenen Unsicherheit, variieren. Ausbildung, Karriere, Partnerschaft oder Familie: Das sogenannte Impostorsyndrom führt dazu, dass die eigenen Leistungen heruntergespielt oder Erfolge auf äußere Faktoren zurückgeführt werden, anstatt sie dem eigenen Können zuzuschreiben. Dahinter steckt oft die Angst, dass man sich als Hochstapler fühlt. Auch Fehler und Misserfolge werden nur zu gerne als Beweis dafür betrachtet, tatsächlich nicht kompetent zu sein.
Obwohl das Impostorsyndrom kein diagnostizierbarer Zustand ist, wird es von vielen Psychologen als ein häufiges und belastendes Phänomen angesehen. Und auch wenn das Phänomen nicht unmittelbar mit einer Hochbegabung in Zusammenhang stehen muss, ist es etwas, mit dem ich als Coach für Hochbegabte nahezu täglich konfrontiert werde.

Viele Hochbegabte fühlen sich bereits in jungen Jahren mit Neid, Missgunst oder Abwertung konfrontiert. Auch die eigenen Eltern sind oftmals mit dem Wissensdrang und anderen Herausforderungen des hochbegabten Kindes überfordert. Dabei haben die wenigsten von uns in jungen Jahren die Stärke, über diesen Anfeindungen zu stehen. In vielen Fällen bleibt die unbewusste Verknüpfung unserer Leistung und unseres Seins, mit dem Gefühl „nicht richtig“ oder „verkehrt“ zu sein. Wir gewöhnen uns von klein an daran, unsere Potentiale unter den Scheffel zu kehren, Talente nicht an die große Glocke zu hängen oder sie kleinzureden.

Hoch- oder Tiefstapler?
Was in der Kindheit ohne viel Aufhebens von statten geht, kann dann als Erwachsener zu dem weit verbreiteten „Hochstapler“- auf englisch Impostorsyndrom führen.
Das Problem ist, dass der Erwachsene das Gefühl aus der Kindheit für bare Münze nimmt. Er ist so daran gewöhnt, dass seine Begabung oder sein Talent nicht wertgeschützt wurde, dass er irgendwann selbst daran glaubt. So ist es gar nicht selten, dass hervorragende Schul- oder Studienabschlüsse statt mit Stolz und Euphorie mit dem Gefühl verbunden werden, dennoch ungenügend zu sein, und das gute Abschneiden wird mit Glück oder Zufall erklärt. Nicht wenige fühlen sich sogar als Betrüger, sie denken „Bin ich ein Hochstapler? Interessanterweise sorgt aber genau diese Begrifflichkeit wieder für Irritation bei Hochbegabten. So ist ein Hochstapler per Definition jemand, der etwas Unwahres bewusst hervorhebt. So erzählt eine Klientin, dass sie lange Zeit sicher war, die Schule müsse sich bei ihrem Einser-Abitur verrechnet haben. Bis heute spricht sie deswegen nur ungern von ihrer hervorragenden Leistung. Und empfindet den Begriff „Tiefstaplerin“ als in dem Zusammenhang viel passender.

Das Mogelpackungsyndrom
Ich bin selbst ebenfalls eine „Spätentdeckte“, kenne das Gefühl nur zu gut und nenne es heute liebevoll „Mogelpackung“-Syndrom. Dieses Gefühl nicht zu genügen, hat mich lange Zeit immer wieder nach neuen Bestätigungen suchen lassen. Und auch das ist eine Art, wie sich das bekannte Phänomen auswirken kann: Egal wie viele Beweise objektiv betrachtet für die eigenen Fähigkeiten und Leistungen vorliegen – dem Betroffenen ist es nicht möglich dem eigenen Können zu vertrauen und der Drang, immer noch mehr lernen zu müssen, bleibt übermächtig. Gerade bei Selbständigen oder Personen, die sich selbständig machen wollen, ist diese Art des „Zertifikate sammelns“ häufig anzutreffen. Gepaart mit einem gesunden und uns inne liegenden Wissensdrang entsteht so nicht selten ein kaum zu bremsender Teufelskreis. Die Gedanken kreisen immer um die Frage: Bin ich ein Hochstapler?
Das Gefühl „nicht gut genug zu sein“ oder „auffliegen“ zu können, betrifft aber auch Angestellte, vor allem erfolgreiche Menschen. Auch hier sind (spät- oder unerkannte) Hochbegabte oftmals der Meinung, dass ihre Leistung für den eigenen Job nicht annähernd ausreicht, oder wundern sich, dass es niemandem auffällt, dass sie grenzenlos überschätzt werden. Und selbst wenn Betroffene von ihren Kollegen oder auch von Freunden für ihre Leistungen gelobt werden, fühlen sie sich unwohl und leben in der Angst, dass die vermeintliche Unfähigkeit aufgedeckt werden könnten, denn auch hier tauchen die Gedanken auf: Bin ich ein Hochstapler? Man denkt, man könne nicht allein für den Erfolg verantwortlich sein, sondern das Glück oder der Zufall haben einem in die Hände gespielt. Eine allzeit beliebte Ausrede ist auch das Team, dass den Großteil des Erfolgs für sich verbuchen kann.

Typisch für Hochbegabte?
Auch das könnte den Ursprung in unserer Kindheit haben. Hochbegabten Kindern fällt im Vergleich mit anderen sehr vieles leichter und so werden oftmals Fähigkeiten oder Aussagen gelobt, die im Empfindungssystem des Kindes keinen besonderen Stellenwert haben. Die eigene Fähigkeit wird als nicht besonders angesehen, da der dahinter vermutete „Aufwand“ nicht annähernd dem tatsächlichen entspricht. „Das ist doch nichts Besonderes“ ist ein Denkmuster, das auch im Alter prägend bleibt. Dem hingegen haben hochbegabte Kinder oftmals die größten Ansprüche an sich selbst: Die genialsten Ideen im Kopf, die wunderbarsten Bilder, die schönsten Musikstücke, die tollsten Geschichten scheitern oftmals in der Umsetzung. Die Hände sind eben noch nicht so geübt, ein Buch nicht in einem Tag geschrieben oder die Gegebenheiten eben nicht immer so, wie das hochbegabte Hirn es sich ausmalen kann. Das Resultat: Hochbegabte Kinder erleben früh, dass es einerseits keine besondere Leistung benötigt, um gelobt zu werden, andererseits scheitern sie selbst immer wieder an ihren eigenen Ansprüchen, egal was sie leisten. Beide Punkte führen dazu, dass ein völlig anderes, verschobenes Leistungsverständnis als bei anderen Kindern entsteht. Meiner Meinung nach sind das alles Umstände, die das Hochstapler-Syndrom nicht nur begünstigen, sondern vielleicht sogar erzeugen. Und so taucht bei diesen Kindern, wenn sie älter sind, immer wieder der Gedanke auf: „Bin ich ein Hochstapler?“

Und wie bei den Hochbegabten unterscheidet das Impostorphänomen zwischen „Over-Doern“ und „Under-Doern“, eine gewisse Parallele zu den „Hoch“- und „Minderleistern“ bei Hochbegabten. Denn Menschen, die am Hochstaplersyndrom leiden, reagieren unterschiedlich. Over-Doer stürzen sich in die Arbeit und sind absolut perfektionistisch, mit dem Ziel, durch extensive Arbeit zu verhindern, jemand möge denken, sie könnten nichts. Die Under-Doer prokrastinieren, bis sie die Aufgabe, vor der sie Angst haben, gar nicht mehr gut machen können, mit dem Ziel zu zeigen, dass das schlechte Abschneiden nicht am fehlenden Talent liegt.

Was kann ich tun?
Beide Arten des Umgangs erschweren das Leben der Betroffenen immens. Und so können sowohl konstant hoher Leistungsdruck, Perfektionismus und hohes Anspruchsdenken genauso wie die Selbstsabotage oder Prokrastination der „Minderleister“ zu mehr oder weniger hohen psychischen Belastungen bis zu Burnout oder Depression führen.
Ein Stück weit leiden wir dann und wann sicher aller unter diesem Phänomen. Gefährlich wird es dann, wenn das Gefühl überhandnimmt und die eigene Lebensqualität beeinträchtigt. Um die Denkweise „Bin ich ein Hochstapler“ zu bewältigen, gibt es verschiedene Ansätze. Eine therapeutische Unterstützung, wie beispielsweise kognitive Verhaltenstherapie, kann helfen, negative Selbstwahrnehmungen zu verändern und die Betroffenen dazu ermutigen, ihre Fähigkeiten und Leistungen anzuerkennen. Mentoring und Coaching können ebenfalls hilfreich und erfolgreich sein, um Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein aufzubauen.

Über die Autorin:
Ulrike Alt ist Coach & Mentaltrainerin für Hochbegabte und Begabungsdiagnostikerin. Neben der Unterstützung hochbegabter Erwachsener in allen Lebensbereichen ist ihr vor allem der offene Umgang und der gesellschaftliche Diskurs rund um das Thema Hochbegabung ein großes Anliegen.

Ulrike Alt ist Coach und Mentorin für hochbegabte, vielbegabte und hochsensible Menschen – der Turbo in Sachen Veränderung und Wachstum.
Themen im Coaching sind unter anderem das Hochstapler-Syndrom und die spät erkannte Hochbegabung sowie der Umgang mit dem großen Potenzial, um es wirklich nutzbar zu machen.
Ulrike Alt verfügt über eine exzellente Wahrnehmung und deckt dabei unsichtbare Zusammenhänge auf, die sie dann gemeinsam mit ihren Coachees direkt im Unterbewusstsein auflöst.

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