Schadensersatzansprüche des Mieters bei Kündigung wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs können wegen späterem Räumungsvergleich ausgeschlossen sein

Ein Kommentar von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Berlin und Essen

Schadensersatzansprüche des Mieters bei Kündigung wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs können wegen späterem Räumungsvergleich ausgeschlossen sein. Urteil des Amtsgerichts München, Urteil vom 13. Januar 2013 – 474 C 19752/11 -, juris. Ein Kommentar von Alexander Bredereck, Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Berlin und Essen

Ausgangslage:

Zieht der Mieter aus einer Wohnung aus, weil der Vermieter Eigenbedarf angemeldet hat und stellt sich später heraus, dass dieser Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, so steht dem Mieter grundsätzlich Schadensersatz zu. Schäden, die dabei geltend gemacht werden können, sind beispielsweise Umzugskosten, eine höhere Miete sowie zusätzliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der neuen Wohnung stehen.

Der entschiedene Fall:

Der Mieter war zunächst nicht ausgezogen, weshalb der Vermieter ihn auf Räumung verklagte. Im darauffolgenden Prozess einigten sich die Parteien auf einen Räumungsvergleich, in dem sich der Mieter zur Räumung verpflichtete und der Vermieter ihm hierfür eine Umzugskostenhilf in Höhe von EUR 2.400.- zahlte. Außerdem verzichtete der Vermieter auf die Durchführung von Schönheitsreparaturen und verpflichtete sich, innerhalb von 3 Monaten nach Auszug des Mieters über die Kaution abzurechnen. Geeignet haben sich die Parteien des Weiteren bei noch ausstehenden Betriebskosten auf die maximal zulässige Höhe des Einbehalts. Der Vermieter verzichtete darüber hinaus auf Schadensersatzforderungen wegen des Unterlassenen Auszugs im Zeitraum vom 30.11. 2008 bis 30.06.2009. Schließlich beschloss man, dass gegen die Umzugskostenbeihilfe weder eine Aufrechnung noch ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden darf.

Als sich später herausstellte, dass der Eigenbedarf eventuell vorgetäuscht war – dies wurde vom Amtsgericht ausdrücklich offen gelassen – macht der Mietergegen den Vermieter einen Schadensersatzanspruch geltend. Dieser wurde vom Amtsgericht jedoch als nicht gegeben angesehen.

Begründung des Gerichts:

Das Amtsgericht München äußerte sich folgendermaßen: Ob eine vergleichsweise Einigung zur Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs zwischen vorgetäuschtem Eigenbedarf und dem bei dem Mieter eingetretenen Schaden führt, hängt … von den Umständen des Einzelfalls ab (OLG Frankfurt, 20 REMiet 1/93, Rn 17). Hierbei kommt es insbesondere darauf an, welchen Sachverhalt die Vertragsparteien „als feststehend zugrunde gelegt“ haben, ob sie durch gegenseitiges Nachgeben nur den Streit hinsichtlich der Schlüssigkeit und der Beweisbarkeit des Eigenbedarfs oder auch den Streit darüber beseitigen wollten, ob die vom Vermieter behauptete Bedarfslage besteht und ob sie nur vorgetäuscht war. Nur in dem letzteren Fall kann in dem Abschluss des Vergleichs die Erklärung des Verzichts auf Schadensersatzansprüche durch den Mieter gesehen werden (OLG Frankfurt a.a.O.). (AG München, Urteil vom 13. Januar 2013 – 474 C 19752/11 -, juris).
Nach Auffassung des Amtsgericht ist entscheidend, ob die Parteien durch den Abschluss des Räumungsvergleichs einen „Schlussstrich“ unter die bisherigen Vertragsbeziehungen gezogen haben, mit der Folge, dass der Mieter mit Schadensersatzansprüchen ausgeschlossen wird, oder ob der Bestand des Eigenbedarfs gewissermaßen als „Geschäftsgrundlage“ für die Räumungsbereitschaft des Mieters anzusehen ist, mit der Folge, dass der Vermieter auf Schadensersatz haftet, wenn der Eigenbedarf in Wirklichkeit nicht besteht (Blank/Börstinghaus, 3. Aufl., § 573 Rn 76 m.w.N.).(AG München, Urteil vom 13. Januar 2013 – 474 C 19752/11 -, juris)

Laut Amtsgericht München waren diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall nicht gegeben. Entscheidend war laut dem Gericht auch, dass der Mieter gerade die Kosten geltend machte, für die er als Ausgleich die „Umzugskostenbeihilfe“ erhielt.

Fachanwaltstipp Vermieter:

Täuscht man Eigenbedarf vor, so ist dies stets riskant, denn es droht die Gefahr auf Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Trotz der vorliegenden Entscheidung gegen den Mieter, sollte man nicht unterschätzen, dass auch bei einem Räumungsvergleich mit entsprechenden Zahlungen Risiken drohen. Einen Ausschluss von Zahlungen bei vorgetäuschtem Eigenbedarf in den Mietvertrag aufzunehmen, dürfte ebenfalls kaum Sinn ergeben. Damit würde der Verdacht schließlich schon von Anfang an geschürt. Umgekehrt wäre es hier dem Mieter eventuell auch möglich gewesen, den Vergleich anzufechten. Die Frage der wirksamen Beendigung des Mietverhältnisses wäre damit wieder offen gewesen. Außerdem hätten auch andere Schäden geltend gemacht werden, die in den verglichen Positionen nicht enthalten waren. Auch dann wenn die neue Wohnung erheblich teurere gewesen wäre, weil keine billigere und vergleichbare zu beschaffen war, hätte die abschließende Bewertung sicherlich anders ausgesehen.

Fachanwaltstipp Mieter:

Wer einen Räumungsvergleich schließt sollte immer vor Augen haben, dass er sich damit möglicherweise spätere Schadensersatzansprüche abschneidet. Wer dies nicht will, muss dies im Vergleich ausdrücklich zum Ausdruck bringen etwa durch die Formulierung: „Grundlage des Vergleichs ist die Behauptung des Vermieters, es bestünde an der Wohnung Eigenbedarf. Etwaige Schadensersatzansprüche des Mieters wegen vorgetäuschten Eigenbedarfs werden durch diese Vereinbarung nicht berührt.“

29.8.2013

Ein Beitrag von Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Alexander Bredereck, Berlin

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